Sie wollten hoch hinaus. Wollten mehr sein, als nur gewöhnliche Affen ihrer Herde. Giraffen! So kamen sie sich vor. Dazu bestimmt, von weit oben auf die anderen Affen hinabzuschauen. Schließlich waren sie schon auf Bäumen groß geworden, die deutlich mehr Bananen trugen, als die, auf denen die meisten anderen Affen groß wurden. Sie mussten etwas Besonderes sein!
Auch viele der anderen Affen dachten, dass die Giraffen wohl etwas Besonderes sein müssten und waren stolz, wenn ihnen ein solcher Giraffe Beachtung schenkte. Wenn einer von ihnen gar mal zu Besuch auf einen der reichhaltigen Bäume eingeladen wurde, prahlte er damit wochenlang.
Die Giraffen liebten es, im Licht zu stehen. Von der Sonne oder auch vom Mond. Jeder sollte ihren Glanz sehen und sie bewundern. 3 bis 4 Stunden Schlaf reichten ihnen. Schlaf war etwas für gewöhnliche Affen. Sie hingegen suchten ihre Bedeutsamkeit Tag und Nacht zur Schau zu stellen. In Nächten, die viel Scheinwerferlicht versprachen, also Vollmondnächten, blieben sie selbstverständlich bis zum Morgen auf den Beinen. Sie waren nicht mondsüchtig. Sie waren aufmerksamkeitssüchtig.
Dafür brauchten sie die anderen Affen. Mit Belohnungen hier, ordentlich Anerkennung dort, sorgten sie dafür, dass immer mehr gewöhnliche Affen abhängig wurden von der Droge Aufmerksamkeit, an deren Nadel sie selbst hingen.
Verschiedenen größeren Affenorganisationen, die ihnen nützlich sein konnten, ließen sie immer mal wieder ansehnliche Bananenschenkungen zukommen. So hatten sie über die Jahre eine Art Affen-Netzwerk aufgebaut, dessen einziger Zweck es war, ihnen zu Diensten zu sein, wenn sie diese Dienste anforderten.
Längst kontrollierten sie den Wetterbericht. Aber sie wollten höher hinaus. Weit höher. Wozu nur über etwas berichten, was geschah, oder aller Voraussicht nach geschehen würde? Viel spannender war doch, selbst zu bestimmen, was berichtet wurde. Und noch spannender war es, selbst zu bestimmen, was geschah. Oder aller Voraussicht nach geschehen würde.
Für die Giraffen war es ein Kinderspiel. Sie spielten, als wären alle anderen Affen Kinder, während sie immer höher wuchsen und dabei immer mehr Hemmungen verloren.
Im Wald, in dem sie alle lebten, führte das zu heftigem Blätterrauschen. Denn die Giraffen hatten dem Wald inzwischen schon erheblichen Schaden zugefügt. Sie rodeten und experimentierten, fast so, als dächten sie, sie könnten sich einfach einen neuen Wald erschaffen, wenn sie den bestehenden zerstört haben.
Der Wald rief seine Wildschweine zu Hilfe. Ein unbeteiligter Zuschauer hätte plötzlich ganz viele Wildschweinrotten ausmachen können, die mitsamt Frischlingen scheinbar ziellos durch die Gegend fegten. Während die Giraffen gerade eine große Versammlung abhielten, wühlten diese Wildschweine rundherum den kompletten Boden auf. So dass die Giraffen beim Verlassen des Versammlungsortes allesamt im Schlamm einsanken.
Ihre Versuche, sich von dem Schlamm zu befreien, sahen urkomisch aus. Wer immer sie sah, prustete los und lachte und lachte. Die lustigen Bilder irisierten durch den Wald und verbreiteten sich in Rekordgeschwindigkeit in der gesamten Affenwelt.
Das Lachen der Affenwelt hielt tagelang an. Es führte zu so einer positiven Stimmung, dass der ganze Wald davon profitierte.
Und die Giraffen?
Die waren sehr froh, als die anderen Affen sie irgendwann wieder als gewöhnliche Affen in ihre Herde aufnahmen.
Eine Extraetüde. Die Schreibeinladung von Christiane ist hier https://365tageasatzaday.wordpress.com/2022/05/29/schreibeinladung-fuer-die-textwoche-22-22-extraetueden/ zu finden.
Unwillkürlich hat man beim Lesen die Idee, dass man hinter das Giraffen-i ein e für die Gier assoziieren sollte, weil deine Etüde eine Fabel von der Gier ist und vom tiefen Fall danach.
LikeGefällt 3 Personen
Ja, es geht um das nicht genug bekommen können. Von Macht, von Geld, von bewundert und beneidet werden wollen. Um die Meinung, irgendwie wichtiger zu sein als andere, wenn man (sehr) viel mehr von diesen drei Dingen hat als die meisten anderen. Und natürlich darum, dass es gerade für Menschen, die meinen, sie seien besonders wichtig, besonders unangenehm ist, wenn ihre „Wichtigkeit“ als lächerlich entlarvt wird.
Wie immer hast du die Aussage auf den Punkt gebracht! 💖
LikeGefällt 3 Personen
Gier-Affen gibt es überall. Setzt man aber etwas Gutes in die Welt, das Menschen begeistert, stehen jene bald im Schatten und werden überflüssig. Dann steigen sie schon von selbst herab.
LikeGefällt 4 Personen
Das würde ich mir auch sehr wünschen, dass die Einsicht von selbst kommt!!! Es würde manch Umweltzerstörung, manch Leid und Schrecken verhindern. Und bestehende Zerstörung endlich beenden.
LikeGefällt 2 Personen
Danke. Ja, dabei wollen wir helfen.🙏💓🌷🌈🍀🐞
LikeGefällt 2 Personen
Ja, klar, Hochmut kommt vor dem Fall, das ist so, das ist meist auch gut so. Was ich aber bei den menschlichen „Gier-Affen“ nicht feststelle, ist das Bewusstsein, dass sie hochmütig sind – die denken, es wäre ihr gutes Recht, dass der Laden läuft, wie er läuft, und dass sie machen können, was sie wollen. Daher glaube ich dir den Schluss leider nicht, der mir ansonsten total gut gefällt.
Außerdem frage ich mich die ganze Zeit, ob du da einen Logikfehler gemacht hast oder nicht … 🤔
Hey, die erste Etüde der neuen Runde! So früh! Vielen Dank! 👍
Morgenkaffeegrüße 🌦️🌳☕🍪🌼👍
LikeGefällt 2 Personen
Ja das Bewusstsein, zu hochmütig gewesen zu sein, kommt für viele erst nach dem Fall. Denn je höher man gestiegen war, desto tiefer ist bekanntermaßen der Fall und desto schmerzhafter ist der Aufprall…. . Immer mal wieder zu beobachten. Ich denke da nicht nur an Politiker*innen. Sondern durchaus auch an manche in der Wirtschaft aufgestiegene, die sich als Vorstandsvorsitzende (was für ein blödes Wort eigentlich …) eines großen Unternehmens dann mit einer Großfusion manchmal anscheinend eine Art Denkmal setzen wollten. Was meistens gehörig schief ging. Und ich müsste mich sehr täuschen, wenn ihre eigene Fachebene sie nicht genau vor diesem „schiefgehen“ zuvor intensiv gewarnt hätte … .😉
Vormittagskaffeegrüße zurück ☕☕☕🦋💐
LikeGefällt 2 Personen
Ich finde es lustig, dass du die Giraffen als „andere Affen“ bezeichnest😀
LikeGefällt 3 Personen
Danke dir, freue mich! Ich war diesmal auch richtig stolz auf meine Wortspiele, alleine die Vorstellung der durch den Wald „fegenden“ Wildschweine bringt mich selbst immer noch zum lachen 😀😀😀. 🙏🐒🦒🐷
LikeGefällt 5 Personen
Erinnert mich an Fabeln – eine Geschichte mit moralischen wink … 😉
Schön geschrieben!
LG Charis 🙂
LikeGefällt 2 Personen
Dankeschön! Freue mich über dein schönes Kompliment! 💖 (Das ich leider erst gerade eben entdeckt habe, du warst irgendwie im falschen Ordner gelandet … ),
LikeLike
Grzimeks Tierleben 🙂
LikeGefällt 2 Personen
😀. Und wenn die Tiere alle gut drauf sind, dann kann es richtig lustig zugehen im Wald 😉😃😃🎵🎵 … .
LikeGefällt 1 Person
Hat dies auf NEW BLOG HERE >> https:/BOOKS.ESLARN-NET.DE rebloggt.
LikeGefällt 1 Person
Toll umgesetzt, du Liebe. Mögen sich viele darin finden….
Liebe Grüße, Edith
LikeGefällt 1 Person
Danke dir! 🙏💖 Im Prinzip erscheint es mir ja gar nicht verkehrt, etwas erreichen zu wollen. Aber die Grenze ist für mich dort, wo man anderen und / oder der Natur schadet! Und zu viele respektieren diese Grenze nicht, vielleicht nehmen sie sie nicht einmal mehr wahr. Sie handeln, als dürften sie über andere Wesen und auch über die Natur nach ihrem Gutdünken verfügen. Als stünde es ihnen zu, die Regeln zu bestimmen, nach denen alle sich zu richten hätten. Völlig egal, ob die anderen mit diesen Regeln einverstanden sind oder nicht; die von mir Giraffen genannten Wesen meinen ja, die anderen nicht einmal fragen zu müssen, geschweige denn, sie mitbestimmen zu lassen. Auf die Dauer werden sie damit ganz sicher nicht die angestrebte Bewunderung erhalten, sondern Wut. Aber da man mit Wut ja letztendlich auch nicht zu einer besseren Welt beiträgt, ist Lachen vermutlich die bessere Methode! 😃😃😃🤣😃😀🤣😃🤣
LikeGefällt 1 Person
Diese Giraffen spiegeln Menschen wider…. Und wir spüren deren Handeln doch schon am eigenen Leib – ihr Handeln, ihr Bestimmen, ihre Durchsetzung ohne Wenn und Aber – all dies macht uns und die Erde krank…
Danke, liebe Maren. Du öffnest Augen. Und ich wünsche mir jedes Mal, dass genau die Menschen dies lesen, die Giraffen sind… ❤
LikeGefällt 1 Person
Oh ja, ich wünsche mir auch so sehr, dass das endlich in die Köpfe all derer kommt, die ich mit dieser Etüde gemeint habe!!! Auf welchem Weg auch immer … . Und zwar so in die Köpfe kommt, dass sie es nicht mehr beiseite schieben können… . ! Und dass sie endlich auch dementsprechend handeln bzw. ihr schädliches Handeln endlich unterlassen!!!!
LikeGefällt 1 Person
Möge es unbedingt gelingen!!!!
LikeGefällt 1 Person
Schöne Geschichte. Und es wird so plastisch, dass der Mensch halt doch vom Affen abstammt 🙂
Das Ende gefällt mir. das wünsch ich mir für die Menschen auch.
LikeGefällt 1 Person
Dankeschön! 🙏 Zumindest sind gewisse Ähnlichkeiten zwischen dem Gebaren mancher Menschen und dem Gebaren mancher Affen nicht abzustreiten …😃😉🐒. Man denkt sich, dass es doch eigentlich einfach sein müsste, dass alle Menschen friedlich und fröhlich zusammenleben. Schließlich wollen die allermeisten Menschen doch genau das! Ich verstehe einfach nicht, warum es da bisher immer solche Störfaktoren gibt! Warum manche Menschen unbedingt mächtiger sein wollen, als andere und dabei für alle alles kaputt machen. Denn dann meinen die anderen, sich schützen zu müssen, und es entsteht ein Teufelskreis, der eigentlich völlig unnötig ist. Aber wahrscheinlich hilft nur, trotzdem fröhlich sein, möglichst viel Lachen – und den offenbar etwas dümmlichen Affen damit zu zeigen, wie armselig und albern ihr Machtgebaren im Grunde genommen ist! 🤣🤣🤣💐
LikeLike
Eine schöne Etüde, die Du mit viel Fantasie zu einer ganz besonderen gemacht hast.
Klar, der Gier-Affe , der Mensch, der sich über die Kreatur erhebt… Hochnäsig ist er geworden, weiß so viel und doch viel zu wenig.
Da ist mir manchmal die Giraffe mit ihren langen Beinen und dem langen Hals entschieden lieber, als so ein echter Gier-Affe, der alles haben möchte und nicht bereit ist, auf etwas zu verzichten…
Lieber Gruß von Bruni
LikeGefällt 1 Person
Danke, liebe Bruni! Ja, hochnäsig sind sie geworden, diese Menschen, die meinen, viel zu „wissen“. Und die doch in Wahrheit fast nichts verstehen von dem, was diese Welt wirklich ausmacht. Denn ansonsten würden sie in ihrem Innern erkennen, wenn sie Schaden anrichten. Schäden und Zerstörungen, unter denen dann alle (noch) fühlenden Wesen dieser Welt leiden.
LikeLike
Genau so sehe ich das inzwischen auch, liebe Maren❣️
LikeGefällt 1 Person
Das freut mich! 💕💖😊💐🍀
LikeGefällt 1 Person