Verpasste Chance?

Ihr ganzes Wesen traf ihn mitten ins Herz. So etwas hatte er noch nie erlebt – und er hatte wahrlich schon viel erlebt. Sie hatte so etwas, ihm fiel kein besserer Begriff ein, so etwas Engelhaftes, fast Ätherisches. Völlig anders, als alle anderen Frauen, die er kannte.

Er war Erfolg gewohnt. Nicht nur bei Frauen. Er wusste, was er zu bieten hatte, und zeigte das auch. Er war sich sicher, auch diese Frau beeindrucken zu können. Nur bei ihr war es ihm wichtiger, als jemals zuvor.

Sie mochte das Meer. Und so lud er sie in den sehr exklusiven Yachtclub, in dem er Mitglied war, zum Frühstück.

Selten hatte er ein Frühstück zu zweit so genossen wie mit dieser fast unwirklichen Schönheit. Sie strahlte Anmut und Sinnlichkeit aus, war humorvoll und intelligent.

Er erkannte sich selbst nicht wieder, weil er tatsächlich weiche Knie hatte, als er sie nach dem Essen durch seine Luxusyacht führte.

Aber: Das teuerste Leder, das edelste Holz, die goldenen Armaturen, der Whirlpool, die Bar. Nichts beeindruckte sie, sie schien völlig desinteressiert an seinen Gütern.
Ihr Blick blieb auf einem Fleck an den Armaturen hängen, und er beeilte sich, ihr zu erklären, dass er seinem Putzdienst die „Leviten lesen werde“, weil er die schließlich dafür bezahle, dass seine Yacht glänze und nicht nur besenrein aussehe.

Sie lächelte.

– Und ging von Bord.
Sah sich noch einmal um und sagte mit ihrem wahrhaft bezaubernden Lächeln:

„Ciao Bello … . Das hier ist nicht meine Welt.
Aber, wenn du wahrhaft mutig bist, und komplett umkehrst. Diesen völlig unsinnigen Überluxus abspeckst, den kein Mensch braucht.
Und dein Leben von jetzt an etwas Sinnvollem widmest. Deine ganze Kraft und Energie einsetzt, um zur Heilung dieser Welt beizutragen.
Dann … könnte das mit uns was werden… .“

Ein gehauchter Kuss in seine Richtung.

Und der Engel verschwand.

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Ein Beitrag zu den abc-Etüden, deren aktuelle Schreibeinladung hier https://365tageasatzaday.wordpress.com/2022/06/05/schreibeinladung-fuer-die-textwochen-23-24-22-wortspende-von-annuschkas-northern-star/ zu finden ist.

Veröffentlicht von lachmitmaren

Ich bin voller Lebensfreude. Manchmal albern, manchmal ernst. Gute Zuhörerin. Vielseitig interessiert. Ich bin kritisch und hinterfrage die Dinge. Bin Volljuristin, staatlich geprüfte Heilpraktikerin, zertifizierte Lachyoga-Leiterin - Und Rheumatikerin seit über 30 Jahren.

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29 Kommentare

    1. Du meinst den Traum von der „besseren Welt“? Vielleicht verpasst sie ja hier auch eine Chance… . Vielleicht könnte sie viel mehr erreichen im Hinblick auf eine „heilere Welt“, wenn sie geblieben wäre. Weil er vielleicht gar nicht weiß, wie das überhaupt gehen könnte mit dem „Heilen der Welt“. Denn er ist ja in einer Welt groß geworden, in der andere Dinge eine Rolle spielten. Vielleicht bräuchte er Anleitung… ?😉

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  1. Ach, Maren, könntest du bitte, bitte eine Fortsetzung schreiben? Sie darf auch gerne so utopisch idealistisch sein wie das Setting in dieser hier … oder nein, schreib zwei! Eine, wo er es tut, und eine, wo er es lässt …
    Mag ich sehr. 🧡
    Herzliche Nachmittagskaffeegrüße! ⛅🌳☕🍪🌼👍

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    1. Oh, das freut mich sehr, dass du die Etüde so magst!!! 💖😃 Das mit der Fortsetzung überlasse ich ja in der Regel gerne der Phantasie meiner Leser*innen … 😉💐.
      Herzliche Nachmittagskaffeegrüße zurück! ☕☕☕🦋

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    1. Ich glaube, wenn sie ihn „böse“ gefunden hätte, wäre sie seiner Einladung zum Frühstück wohl nicht gefolgt… . Aber ihre Prioritäten liegen eben woanders, als seine. Und – wie ihr nach dem Besuch auf seiner Yacht klar wurde – nicht so leicht überbrückbar woanders.
      Welche Prioritätensetzung der Welt als Ganzes besser tut, darfst du selbstverständlich für dich selbst entscheiden … .

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    2. Ich möchte noch ergänzen, dass ich Kommentare wie diesen hier von dir von Art und Duktus als unnötig empfinde.
      Das hat etwas von „Weil ich aus irgendeinem Grund gefrustet bin, suche ich mir jetzt ein Ventil. Und versuche, anderen die Freude, an dem, was sie tun, zu nehmen.“ Das wird allerdings den Ursprungsfrust kaum reduzieren (zumal ich nicht annehme, dass ich dessen Quelle war). Und bei mir führt es natürlich dazu, dass ich beginne, meine Haltung dir gegenüber, – als jemanden, den ich eigentlich mit „Nie wieder Krieg“ und einer nach meinem bisherigen Eindruck recht sozialen Einstellung -, als sympathisch und empathisch wahrgenommen hatte, – zu revidieren beginne. 🤔

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      1. Liebe Maren, das war kein persönlicher Angriff auf Dich, sondern ich empfand die Geschichte etwas zu klischeehaft : reich gegen tugendhaft. Hat auch nichts mit Stressabbau zu tun, ich mag solche Geschichten einfach nicht.

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      2. Lieber Werner, die Geschichte enthält (wie die meisten meiner Etüden …) durchaus etwas mehr Facetten … . 😉 Aber es ist natürlich immer Geschmackssache, was einem gefällt. Ich bin allerdings der Meinung, dass man nicht unbedingt auf eine wenig wertschätzende Art kund tun muss, wenn einem etwas nicht gefällt. Entweder man sagt sich dann im Stillen „okay, ist nicht meins, aber anderen gefällt es. Jede*r hat eben einen anderen Geschmack. Und das ist auch gut so.“ oder, man hat wirklich einen Punkt, den man gerne diskutieren möchte. Dann kann man das aber sicherlich wertschätzender mitteilen.
        Herzlichen Gruß! 🦋

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  2. Feine Liebesmöglichkeitsgeschichte!
    Von solchen Liebesagentinnen 😉 brauchen wir noch ein ganze Menge!
    Und, liebe Maren, ich schließe mich Christianes Wunsch nach weiteren Fortsetzungen an.
    Herzensgruß von mir zu Dir ❤

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    1. Dankeschön, liebe Ulrike! Ich freue mich sehr über deinen herzerwärmenden Kommentar!!! 💖💕🙏 Auch ich bin sehr dankbar über jede Liebesagentin … . 😉🌈💖💖💖 (deshalb lese ich ja auch so gerne deine Buchrezensionen … 💖).
      Ganz herzlichen Gruß zurück zu dir 💝💌

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  3. Ich mag an deiner Protagonistin, dass sie sich zumindest erstmal die Welt des „Prinzen“ anschaut. Aber an ihrer Stelle wäre ich wohl auch gegangen. Ich muss sogar ganz ehrlich gestehen, dass ich dort vermutlich gar nicht erst aufgetaucht wäre.
    Goldene Armaturen *schauder* habe ich mal gesehen, als ich mich bei einer Firma als Haushälterin beworben hatte. Die Inhaber wollten aber nicht nur, dass in der Firma Mittagessen auf den Tisch kam, sondern auch zuhause geputzt wurde. Bei dem Prunk habe ich dankend verzichtet…

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    1. Ich bin ja immer der Ansicht, das Anschauen „fremder“ Welten, Ideen und Meinungen schadet nicht. Erst wenn man sich etwas tatsächlich angeschaut hat, kann man ja einigermaßen beurteilen, ob es einem zusagt oder nicht. Nur vom Hörensagen finde ich ein solches Urteil schwierig. Insofern war es vielleicht nicht uninteressant für dich, die Inhaber dieser Firma zumindest mal „kennenzulernen“, aber natürlich gut, dann auch zu merken, „das ist es nicht.“, denke ich mir.

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