
Und noch eine ungeplante aus Kommentardiskussionen angeregte Fortsetzung zu Andere ändern wollen (Teil 1):
Gerade hörte ich im Radio ein Interview mit einer (in den 80iger Jahren) in der DDR geborenen jetzt in England lebenden Historikerin zu deren Buch „Diesseits der Mauer“:
Ihr Buch werde von deutschen Historikern kritisiert. Ob sie etwa einem „Es war nicht alles schlecht in der DDR.“ das Wort reden wolle?
Ich bin in Westdeutschland geboren und aufgewachsen. Aber nicht nur, weil ich viele Ostdeutsche kenne, ist für mich völlig selbstverständlich:
Natürlich war nicht alles schlecht in der DDR! Genauso wie auch ganz und gar nicht „alles gut“ war und ist in Westdeutschland.
Eine der Sachen, die in beiden Teilen Deutschlands und auch sonst überall in der Welt schlecht waren (und sind!), ist das ach so beliebte Schwarz-Weiß-Denken!!!
Ich persönlich hätte es sehr gut gefunden, wenn „der Westen“ damals 1989 auf die Bürgerrechtler*innen der DDR gehört hätte. Wenn man sich vorbehaltlos angesehen und gemeinsam diskutiert hätte, was war gut in der DDR (besser als im Westen) und was im Westen klar besser (im Sinne von menschenfreundlicher, nicht im Sinne von „kapitalistischer“). Und man dann einen gemeinsamen – insgesamt für alle besseren – menschenfreundlicheren Staat daraus gemacht hätte. In dem man das Gute von beiden zusammengeführt hätte.
Das war leider „nicht drin“ (auch wegen historischer Verträge mit den „Siegermächten“, deren fortdauernder Einfluss auf Deutschland ohnehin sehr problematisch ist). Man hat Ostdeutschland das westliche System übergestülpt und Bestehendes, z.T. auch gerade „konkurrenzfähig“ Bestehendes weitgehend zerstört. Und das vermutlich schon damals mit der Behauptung „rein zu waschen“ versucht, es sei ja ohnehin alles schlecht gewesen…?!
Ähnlich dummes Schwarz-Weiß-Denken ist gerade auch bezüglich des Krieges in der Ukraine sehr modern. In Russland sei alles schlecht und dringend (vom Westen???) verbesserungswürdig. Die Russen, wenn sie das anders sehen, seien böse oder dumm (Putin ohnehin). In der Ukraine hingegen kämpfe ein „heroischer“ Präsident (mit westlicher Unterstützung) gegen das Böse.
Sicher sind weder Putin noch Selenskyj „Lichtgestalten“. In Russland ist sicherlich etliches verbesserungswürdig in Richtung Menschenfreundlichkeit. Ebenso wie in der Ukraine. Ganz offensichtlich hat sich „der Westen“ auf die Fahne geschrieben, in der Ukraine einen „vom Westen“ gewünschten und kontrollierten Staat errichten zu wollen. Ob dies ein besonders menschenfreundlicher sein würde, wage ich stark zu bezweifeln:
Die DDR sei doch schließlich eine Diktatur gewesen, hieß es in dem o.g. Interview, also böse.
Böse, denn in Diktaturen gebe es z.B. keine Meinungsfreiheit.
Es ist immer wieder traurig für mich zu beobachten, wie wenig Menschen es zu bemerken scheinen, wenn sie sich spiegeln: In unserer wunderbaren Demokratie ist Meinungsfreiheit ein hohes Gut.
Deshalb nehmen Journalisten sich so gerne die „Freiheit“ heraus, die Meinung anderer zu zensieren, oder … ??? „Sie wollen doch nicht etwas behaupten, in der DDR sei NICHT alles schlecht gewesen?!“.
Erzwungene „Selbstdemütigung“, das war eine der furchtbaren „Instrumente“, mit denen Stalin oder Mao ihre Staatsbürger gequält haben. Von solchen Methoden grenzt sich jede*r anständige Journalist*in in unserem demokratischen Deutschland ganz entschieden ab, oder …???
Die DDR gilt als „Unrechtsstaat“, weil sie versucht hat, die Menschen mit staatlichem Druck zu „besseren“ (im Sinne des sozialistischen Menschenbildes) Menschen zu „erziehen“.
Das würde die westliche Demokratie niemals tun…., oder??? Also erwachsene Menschen mit staatlichem Druck „erziehen“ zu wollen? Ihnen Regeln vorschreiben, wie sie sich z.B. im Krankheitsfalle zu verhalten hätten?
Dass Abweichler*innen von einer „Einheitslinie“ aus den Kreisen der Wissenschaft, ob bei „Corona“, „Klimadebatte“ usw. unter Druck gesetzt werden, das würde es in einer Demokratie doch niemals geben…, oder???
Die Vorgabe einer „Einheitsmeinung“, das ist doch Kennzeichen einer Diktatur, wie in der DDR…, oder???
Wissenschaft, Journalismus (und Justiz) für staatliche Zwecke zu instrumentalisieren, ist das nicht einer der Kritikpunkte „des Westens“ an Staaten wie Russland und China?
Die Zensur von sozialen Netzwerken. Das Löschen von aus Staatssicht „missliebiger“ Videos, das kommt nur in bösen Diktaturen vor, wie Russland und China, oder…???
Die Verfolgung von Menschen, die staatliche Willkür und staatlichen Gewaltmissbrauch öffentlich machen, da müssen wir Guten den so Verfolgten doch mit all unserer Kraft beistehen, oder???!!!
ICH sage: JA!!! Und nochmal ja!!! Und zwar bezüglich JEDES Staates!!!
Und warum gab es in Deutschland so viel Empörung über den Umgang des russischen Staates mit Nawalny – und so wenig über den des amerikanischen Staates mit Snowden und Assange und anderen…???
Warum hat der erwiesenermaßen völkerrechtswidrige und mit Lügen begründete Angriff der USA auf den Irak trotz der vielen vielen Menschenopfer dort in Deutschland nie zu einem Aufschrei der Empörung, dem Ruf nach Sanktionen gegenüber den USA, dem Schwenken von irakischen Fahnen als Solidaritätsbezeugung geführt?
Weil der Irak auch vorher keine mustergültige Demokratie war und Hussein kein „Musterknabe“…; die Ukraine aber mustergültig… und Selenskyj ein „lupenreiner Demokrat“ … (oder war das ein anderer … ?)???
Oder vielleicht doch nur, weil leider allzu viele Deutsche „den Westen“ (die USA) plump und platt für „gut“, und „den Osten“ (Russland, China, auch Arabien) plump und platt für „böse“ halten???!
Böse ist jeder Krieg!!! Jede Menschenrechtsverletzung!!! Jede Anstiftung, Beihilfe zum Krieg (auch durch Waffenlieferungen), jede bewusste und gewollte Provokation eines „Angriffs“-Kriegs. Egal von welchem Staat solche Untaten ausgehen.
Und solange solche Untaten auch „vom Westen“ (nicht zuletzt von den USA) ausgehen, gibt es keinerlei Berechtigung für diese Staaten, sich als „die Guten“ zu inszenieren.
Tja, dem sollte man/frau ins Auge blicken. Eine objektive, klare Sicht.
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Danke für die nette Bestätigung 💌.
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🌱
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Nach der Wende sollte es eine neue gesamtdeutsche Verfassung geben. Eine Expertengruppe hatte sich zusammengefunden. Unter ihnen Bernhard Schlink, Richard Schröder u.a.
Leider ist es nicht dazu gekommen, weil, so Bernhard Schlink in einem Interview, Ost und West kein Interesse hatten. Schade.
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Man hat damals vermutlich viele Chancen verpasst, leider.
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Ich habe damals in der ersten Zeit nach der Grenzöffnung bei einem Besuch im Osten einen kleinen Laden betreten und dort einige Spruchkarten erworben. Nichts Besonderes; doch damit versuchte ich, ein kleines Zeichen zu setzen:
Daß ich von dem, was in der DDR geschätzt wurde, noch einiges „retten“ wollte. Nicht weil ich die „Werte“ der DDR damit unterstützen wollte, sondern nur, um Sympathie zu zeigen und Anerkennung für viel geleistete Arbeit.
Ja und um damit zu zeigen, daß man daran anknüofen sollte, anstatt unsere Wirtschaft dem Osten einfach überzustülpen und damit zu entwerten, d.h. die Menschen und ihre Leistung zu entwerten.
Dazu gäbe es noch viel zu sagen…
Daß es zu dem Durchbruch kam, verdanken wir ja auch dem unglaublichen Mut der Ostdeutschen, aber vor allem Gorbatschow.
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Genau, das finde ich auch wichtig, dass man Menschen nicht entwerten sollte! Danke dir.
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Danke auch.☺️
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Danke für den Hinweis auf das Schwarz-Weiß-Denken – ich war auch mal so ein Schwarz/Weiß-Denker – hab mühsam daran gearbeitet auch Grautöne (und andere Zwischentöne wahrzunehmen). Und noch was sprichst Du erfreulicherweise an: Die Spiegelungen der eigenen Sichtweise, die eigentlich immer zeigen wer man selbst ist – ja immer – auch wenn man es selber gern nicht so sieht, das zeigt nur die Blinden Flecke in uns. Es ist oft sehr spannend andere beim Reden und Urteilen zuzuhören und gleichzeitig deutlich zu hören wie er über Dinge spricht, die er selbst nicht sehen kann/mag. Je mehr man jemand kennt, desto klarer wird das.
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Danke, liebe Melina! Ich freue mich über deinen Kommentar!!! Ja, die Spiegelungen sind ein interessantes Phänomen, wenn Menschen über konkrete andere Menschen negativ urteilen …. . Und leider, du sprichst es an, erkennt frau / man es meist von Außen sehr viel klarer, wenn sich jemand spiegelt, als die betreffende Person selbst es zu erkennen scheint (oder zu sehen gewillt ist…).
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Liebe Maren.
erst gestern hatten wir es hier in der Familie von der DDR und dass dort beileibe nicht alles schlecht war. Es wurde uns „erzählt“, dass es dort keine Freiheiten gab. aber es ist immer die Sichtweise. Hier im „guten und perfekten Westen“ gibt es ebenfalls nur Freiheiten, wenn man sich systemkonform verhält. Wer dagegen hält, kommt auch hier nicht weiter. Wir leben bereits in der Diktatur, es will nur kaum jemand sehen.
Ich habe sehr gute Freunde in Russland und war dreimal zu Besuch dort. Ganz ehrlich, sie haben zwar wenig Geld, aber es geht ihnen gut, sie haben alles was man benötigt. Sie wissen sich zu helfen und unterstützen sich gegenseitig. Da könnten sich sehr viele Deutsche eine Scheibe davon abschneiden. es ist dummes Geschwätz, dass die Leute dort unterdrückt werden. ich kann es nicht mehr hören. Wir in Deutschland waren noch nie frei. Warum sind die Amerikaner immer noch hier? Wir sind besetztes Land. Daher tanzen die Deutschen nach amerikanischer Pfeife.
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Liebe Moni, spannend, dass das mit der DDR bei dir in der Familie auch gerade Thema war 😀. Das mit der „amerikanischen Pfeife“, das sehe ich auch sehr kritisch. Ich bin ohnehin kein Fan von Militär-Bastionen. Aber amerikanische Militärbastionen haben auf deutschem Grund einfach nichts zu suchen! Und Geheimverträge dürfen keine bindende Wirkung entfalten gegenüber den Menschen in Deutschland (oder anderen Ländern), denn diese kennen den Inhalt nicht, haben ihm nie zugestimmt. Ich finde es ein Unding, wenn sich jetzt noch Politiker*innen an nach dem zweiten Weltkrieg aufgezwungene Geheim-„Verträge“ gebunden fühlen – oder freiwillig nach „amerikanischer Pfeife“ tanzen, weil sie so erzogen wurden, als wäre ausgerechnet das militärisch hochgerüsteste und ressourcenverschwendenste Land der Welt besonders toll.
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ich bin mir nicht sicher, ob das tatsächlich freiwillig ist, wie sich die deutsche Politik verhält. ich glaube eher, dass das Zwang ist.
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Vielleicht eine Mischung aus beidem? Wobei ohnehin die Frage ist, was ist wirklich „freiwillig“, im Sinne von aus einem selbst kommend; und was angelernt, anerzogen, bzw. aus der Motivation des „dazu gehören wollens“…?
Ein schönes Restwochenende dir!
Herzliche Grüße
Maren
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danke. dir ebenfalls Maren. Liebe Grüße.
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