
Es gibt im Tantra etwas, das nennt sich „die Flöte spielen“, las ich letztens. Nein, damit war nicht das gemeint, was die meisten männlichen Leser jetzt vermutlich automatisch denken … .
Obwohl – wenn DIESE Flöte mit ihrer Spitze ganz sanft und zart den Mund küsst, der den inneren Eingang bildet zur mystischen inneren Höhle der Frau -, dann kann das auch magische Wirkung haben… .
Gemeint war die Flöte, die aus den einzelnen Chakren des Menschen gebildet wird, also sozusagen der Mensch an sich als energetisches Wesen.
Für das Thema körperliche Liebe haben meines Erachtens die ersten zwei (bzw. drei) Chakren besondere Bedeutung. Es sind die „Energieräder“ des menschlichen Körpers, die einen besonders starken Bezug zur Sexualität haben.
Das 1. Chakra, das sogenannte „Wurzelchakra“. Wenn man überhaupt eine Art „Wertigkeit“ der Chakren bilden möchte (Menschen neigen ja zu so etwas…), dann ist dieses wohl das wichtigste.
Das erste. Unser Ursprung. Die Vereinigung unserer Seele mit der Materie, mit unserem Körper. Die Vereinigung der „weiblichen“ und „männlichen“ Energien des Universums, die unsere Existenz überhaupt erst ermöglicht. Sozusagen die Ur-Sexualität. Entsprechend nahe ist das „Wurzel-Chakra“ – unsere Anbindung an das Große Ganze – an den Genitalien des Menschen „angesiedelt“.
Der Planet Erde, ein für uns Menschen ganz besonderer Teil unseres Universums, ist im Grunde pure Sexualität. Fast alle Gaben dieses Planeten entstehen aus der Vereinigung von weiblichen und männlichen Energien. (Vermutlich gilt das für unser ganzes Universum, aber auf der Erde ist es für uns Menschen mit unseren Sinnen erfahr- und spürbar.)
Das 2. Chakra. Es wird „Sexual-Chakra“, oft auch „Sakral-Chakra“, genannt. Zusammen mit dem „Wurzel-Chakra“ bildet es das „Sakral-Geflecht“.
Sakral. Heilig! Diese Chakren haben absolut nichts „Niederes“.
Wenn ich meine innere Aufmerksamkeit auf mein Sexual-Chakra richte, sehe ich vor meinen „geistigen“ Auge klares reines süßes Wasser, das wie in einem Springbrunnen oder einer Wasserquelle voller lachender Fröhlichkeit in einer kleinen Fontäne glücklich nach oben sprudelt.
Pure Freude, Lebenslust und Lebenskraft verbreitend. Körperliche LIEBE.
Vor meinem tatsächlichen Auge sehe ich Trockenheit, Dürre und Überhitzung. Manchmal auch Sturm. Oder Überschwemmung – an den „falschen“ Orten. Ich sehe kein reines süßes klares Wasser, sondern irgendwie ausschließlich Wasser, in das schädliche Substanzen eingeleitet wurden (und werden).
Zwischenmenschlich. Und auch zwischen unserem Planeten und uns Menschen.
Das Sexual-Chakra ist längst nicht so rein und frei und fröhlich, wie es doch eigentlich gemeint sein sollte.
Es ist mit Riesenladungen von Scham- und Schuldgefühlen und unzähligen Verletzungen vermüllt worden. Nicht nur, aber zu einem großen Teil zumindest auch durch die diversen Religionen (auch den meisten „heidnischen“).
In diesem Chakra sind inzwischen vielfach vor allem Angst und Wut, Hass und Schmerz spürbar, – anstatt der unbändigen überfließenden Freude, die doch eigentlich mit Sexualität verbunden sein sollte.
Das zugemüllte zweite Chakra reagiert (leider) auf das Gefühl, Macht über eine andere Person auszuüben, nicht selten mit einem sexuell anregend wirkenden Lustgefühl.
Der zerstörerische Aspekt von „Shiva“, wenn man der indischen Kosmologie folgt?
Ich persönlich halte nichts davon, zerstörerische Aspekte von „Gottheiten“ zu verehren und anzubeten. Weder von Shiva noch von Kali oder wem auch immer.
Ganz im Gegenteil finde ich diese zerstörerische Verbindung von sexueller Erregung und Gewalt äußerst problematisch und würde sie sehr gerne auflösen … .
Die Verbindung von körperlicher Liebe mit Phantasien, die etwas mit Machtausübung und / oder Gewalt über andere zu tun haben, ist ein Garant dafür, dass die Begegnung der Partner über ein bestimmtes Stadium nicht hinausgeht: Eine solche Begegnung kann sich durchaus prickelnd und aufputschend anfühlen. Sie kann eine ähnliche Wirkung wie z.B. Kokain haben. Und sie kann sicherlich auch süchtig machen.
Aber sie ist weit von einem echten tiefen anhaltenden Genuss entfernt. UND … Kokainsucht hat wie fast alle Süchte m.E. recht unangenehme Neben- und Nachwirkungen … . Letztendlich lassen wohl fast alle Süchte einen zerstörten entkräfteten Körper (bzw. Planeten …) zurück.
Ich glaube, es ist an der Zeit, unsere Körper und unseren Planeten wieder mit Liebe wahrzunehmen. Die wunderbaren kostenlosen Gaben und Geschenke nicht so sehr als selbstverständlich anzusehen, auszubeuten, zu verschwenden und zu vermüllen. Sondern die LIEBE zu sehen, die sich in diesen kostenlosen Gaben ausdrückt.
Die LIEBE zu sehen.
Und zu genießen.
Ich liebe ja Moospflanzen im Gras- oder Waldboden. Saftiges weiches grünes Moos mit glitzernden Tautropfen darauf. Ich liebe den besonderen Duft im Wald nach einem Sommerregen. Auch dort nach meiner Vorstellung von dem weichen Moos ausströmend.
Unglaublich sinnlich, finde ich.
Der Wald, die Natur, die Köstlichkeiten, die die Erde hervorbringt. Wir Menschen.
All das ist reine Sexualität.
Denn ohne den Austausch weiblicher und männlicher Energien gäbe es all das nicht, gäbe es uns nicht.
Vielleicht hilft uns die Sexualität des Waldes, der Natur dabei, auch unser Sexualchakra wieder heilig werden zu lassen? „Heilig“ nicht etwa im Sinne von „tabu“, sondern von „heil“, von „ganz“, von „rein und klar und voller Freude“.
Mit dem nackten Körper über taubenetztes saftiges weiches Moos zu streichen oder darin zu liegen, ist ein Genuss, finde ich.
Vielleicht wird es wieder mehr saftiges weiches taubenetztes Moos geben, wenn mehr Menschen dieser wundervollen Pflanze mit Liebe und Wertschätzung begegnen?
Wenn wieder mehr Menschen anfangen, sich für das WUNDER und den ZAUBER der körperlichen Liebe zu interessieren und zu öffnen?