
Sie war die „Giraffe“ der Firma. Jedenfalls fühlte sie sich so. Eine, die sich immer streckte, um für die Firma auch die hoch gelegensten Ziele zu erreichen.
Zeitdruck? Gehörte dazu. Schließlich war es Arbeit. Und kein Vergnügen.
Seit man begonnen hatte, selbst für „geistige“ Arbeiten, Zeiteinheiten festzulegen, in der eine Arbeit zu erledigen sei, war es nicht nur kein Vergnügen, sondern eine Daueranspannung geworden. Wie so oft hatte man einfach den Durchschnitt als Norm festgelegt.
Diese „Norm“ kollidierte immer wieder mit ihrem Anspruch, ihre Arbeit wirklich gut zu erledigen. Sie war es gewohnt, gewissenhaft zu arbeiten. Es war ihr wichtig, niemandem einen wie auch immer gearteten Anlass für Kritik an ihrer Arbeit zu liefern.
Und so wurden ihre Arbeitstage länger und länger. Obwohl sie sich selbst eher als „sonnensüchtig“, als als „mondsüchtig“ bezeichnet hätte, war es längst selbstverständlich für sie geworden, das Büro erst weit nach Sonnenuntergang zu verlassen. Schließlich wollte sie ihre Pflicht erfüllen. Die ihr aufgetragene Arbeit vom Schreibtisch schaffen.
Bis … sie sich entschloss, die Dinge zu verändern. Und „Nein!“ zu sagen.
Der Kollege reagierte mit Kopfschütteln. Der Chef mit einem „väterlichen“:
„Nehmen Sie sich mal einige Tage Urlaub, gute Frau.“.
Das tat sie. Und begann, die Dinge zu verändern… . Sie sprach mit ihren Kollegen. Jedem einzelnen. Einzeln.
Als sie an ihren Arbeitsplatz zurückkehrte, war die Stimmung in der Firma verwandelt. Wenn jemand sagte: „Nein! Das überschreitet meine Grenzen!“, wurde das AKZEPTIERT. Von allen. Gemeinsam suchte man dann nach einer für alle besseren Lösung.
Alle arbeiteten MITEINANDER (nicht mehr gegeneinander).
Der Chef hob die Anweisung auf, Arbeiten nach Zeiteinheiten zu bewerten. Die vorher mit dieser Bewertung beschäftigten Mitarbeiter kehrten zur inhaltlichen Arbeit zurück und entlasteten so die anderen.
Und, was noch viel wichtiger war:
Der Chef hatte verstanden!
Es war nicht ER, der am „längeren Hebel“ saß … .
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