Wandlungen

Ich bin ja eine mit einem „Weltverbesserungsgen“. Ein solches Gen ist nicht ungefährlich, denn wer verbessern möchte, verschließt oft den Blick vor der Kehrseite…. .

„Natürlich“ lebte ich vegan, Jahre bevor das „zur Mode wurde“. Es war ja schon damals kein Geheimnis, wieviel Flächen für „Nutztier“haltung und insbesondere deren Fütterung verbraucht werden. Dass Soja artfremdes Futter für Rinder ist, und Regenwaldflächen für Soja geopfert wurden, das weit überwiegend in die Futtermittelproduktion floss. Dass solche Tierhaltung keine guten Auswirkungen auf das Klima hat.

„Natürlich“ habe ich Rassismus und Diskriminierung jeglicher Art aus tiefem Herzen abgelehnt, lange bevor diese Themen in einen breiteren Fokus gerieten.

„Natürlich“ stand ich in meinem Denken lange den Ur-GRÜNEN nahe. Vielleicht weniger „natürlich“ zuvor der CDU, da ich der Meinung war, Wohlstand müsse irgendwie auch erwirtschaftet werden. Verprassen geht schnell. (Wieder-)Aufbau hingegen mutet oft an wie in Zeitlupe.

Tja, und dann musste ich irgendwann erkennen, dass das gesamtgesellschaftliche Pendel in die Richtung ausgeschlagen ist, die mir einst „richtig“ vorkam. Und entsetzt feststellen, dass es leider nicht im „goldenen Mittelmaß“ stehen geblieben ist. Dass es mit so viel Schwung in diese „Weltverbesserungsrichtung“ gestoßen wurde, dass es das Gleiche „in grün“ zu sein scheint, wie vorher. Gespiegelt, nicht wirklich gewandelt.

Jetzt werden andere diskriminiert, ausgegrenzt, beschimpft.

Und dazu scheinen irgendwelche Kräfte alles daran zu setzen, das Pendel mit Macht dort festzuhalten, wo es jetzt steht.

Die Welt verbessern zu wollen, ist immer eine Gratwanderung.

Meine Strategie ist also die einer „Gegenkraft“. Denn wenn eine große Mehrheit in eine Richtung rennt, ist das (gesamtgesellschaftliche) Gleichgewicht akut gefährdet. Der Sturz in einen Abgrund droht.

Mein Ziel ist eine Gesellschaft, die eine Vielfalt, die niemandem Schmerzen zufügt, als Geschenk und Bereicherung empfindet.

Das erfordert Offenheit für Lernprozesse und Bereitschaft zur Wandlung. Manchmal will ich da vielleicht zuviel. Behäbig war ich nie … 😉.

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