Was denkt ihr?

Immer wieder (zuletzt bei meinem Beitrag „Sonnenenergie„) stolpere ich über dieselben Fragen:

Wann ist es sinnvoll, einzugreifen – und wann schädlich?

Wenn mein eigener Staat kostbare Ressourcen der Menschheit verprasst, um Kriege zu führen, oder anderen beim Kriegsführen zu helfen. Wenn mein eigener Staat Menschen verfolgt, drangsaliert oder gar wegsperrt, nur, weil diese Menschen eine Meinung / Weltanschauung / Religion vertreten, von der bestimmte Organe meinen, dass sie „falsch“ sei.
Dann bin ich der Meinung, zumindest zu versuchen, irgendetwas gegen solches Unrecht zu tun, sei meine Gewissenspflicht. Denn irgendwie bin ich ja ein Teil „meines“ Staates.

Wenn aber ein mir unbekannter Mensch einen anderen beleidigt („real“ oder „virtuell“ z.B. in den sozialen Netzwerken), vergrößere ich dann vielleicht die ohnehin vorhandene Aggressionsenergie, wenn ich versuche, einzugreifen?

Wenn ich den, den ich als „Aggressor“ meine identifiziert zu haben, anklage, – und meine Motivation ist, diesen bestrafen zu wollen, dann vergrößere ich die Aggressionsenergie meines Erachtens, denn ich lebe damit nur die andere Seite derselben Medaille:

Nicht erst das bekannte Milgram-Experiment hat gezeigt, dass dafür anfällige Menschen ihnen innewohnende sadistische Gewalt-Neigungen ausleben, wenn man ihnen eine „moralische Rechtfertigung“ dafür bietet. Das war die Grundlage der Folterungen, wie sie katholische Geistliche einst vorgenommen haben, wie auch der Folterungen in jedem „Straflager“ dieser Welt.
Schon im Kolosseum hätte sich mancher Gewalt vermutlich behäbig in Zeitlupe anschauen mögen … .

Kann ich diese Aggressions-Energie auflösen, indem ich einfach gar nicht hinschaue, sondern stattdessen versuche, Liebe zu leben? Mich auf das Schöne, Liebe und Gute zu fokussieren, das ja auch in jedem Menschen lebt (auch in denen mit sadistischen Neigungen)?

Oder setzt das die falschen Anreize, und Liebe hieße, darauf hinzuweisen, dass man eine Handlung für „schlecht“ hält – ohne den ausführenden Menschen dafür zu verurteilen?

Oder ist das „besserwisserisches Gutmenschentum“, das viele erst recht auf die Palme bringt?

Was denkt ihr?

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Ein Beitrag zu den abc-Etüden, deren aktuelle Schreibeinladung hier https://365tageasatzaday.wordpress.com/2022/10/02/schreibeinladung-fuer-die-textwochen-40-41-22-wortspende-von-werner-kastens/ zu finden ist.