
Als Jugendlicher war er brutal überfallen worden von einer Gang. Sie warfen ihn die Treppe hinunter und traten und schlugen ihn bis zur Bewusstlosigkeit. Das Wort „Klassenkeile“ wäre verharmlosend.
Ist es nicht verständlich, denke ich mir, wenn er seitdem unbedingt schnell weg sein können möchte? Wenn er keinen Blick für Schönheiten der Natur hat, niemals trödelt, immer schneller, sehr viel schneller sein will, als andere? Weg. Schnell ans andere Ende der Welt. – Oder auf den Mond, oder den Mars?
Heute ist er eine Art Popstar, ob seiner technischen Visionen. Menschen, die Visionen haben, die groß denken und das auch umsetzen, werden nämlich selten zum Arzt geschickt (wie Helmut Schmidt es einst anregte …). Sondern stattdessen meist bewundert.
Eine Partei, die sich „Die Grünen“ nennt, rollte ihm den roten Teppich aus für den Bau einer Gigafabrik. In einem Trinkwasserschutzgebiet. In einem Bundesland, das seit Jahren mit Dürre kämpft. Bauvorschriften, sonst betonhart einzuhalten, wurden für ihn auf einmal schwammig und sehr beweglich.
Für viele Jugendliche ist er ein Idol. Er scheint geradezu die Verkörperung des technischen Fortschritts.
Nur mir in meiner Rückwärtsgewandheit macht er Angst: Was treibt ihn an, und warum muss es so groß sein? All diese Satelliten, die er ins All schickt. Für einen technischen Fortschritt, den ICH so nicht will.
Was treibt Menschen an, die eigene technische oder digitale oder auch medizinische – die gesamte Menschheit umfassende – Visionen umsetzen wollen? Was für Biografien, was für Erlebnisse mögen dahinter stehen?
Visionen müssen nicht schlecht sein. Aber Visionen, deren Ergebnisse anderen gegen deren Wunsch und Willen aufgezwungen werden, sind aus meiner Sicht auch fast nie gut.
Warum werden deren Urheber so gern bewundert – und Menschen, die einfach vor sich hintrödeln, mit sich und der Welt glücklich und zufrieden sind, niemals jemand anderen etwas gegen dessen Willen aufzwingen würden,- nicht?
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Wie immer mit Dank an Christiane für ihre Mühe mit den Etüden, deren Regeln hier (Schreibeinladung für die Textwochen 10.11.21 | Wortspende von BerlinAutor | Irgendwas ist immer (wordpress.com) ) zu finden sind. Und diesmal an René von BerlinAutor für die Wortspende.