Erdüberlastungstag

Der einsame Rufer… Künstlerin: Dörte Müller

Vor 1 1/2 Monaten war „Erdüberlastungstag“. Der Tag, an dem rein rechnerisch für dieses Jahr die nachwachsenden Ressourcen aufgebraucht sind, die die Erde in einem Jahr zur Verfügung stellt. An dem entsprechenden Tag wurde das in vielen Nachrichtensendungen erwähnt. Auch die Tatsache, dass wir drei Erden bräuchten, wenn alle Menschen auf der Erde so leben würden, wie die Deutschen – und fünf, wenn sie so leben würden wie die Amerikaner.

Die Erkenntnis ist nicht neu. Was folgt darauf??? In den Nachrichtensendungen, die ich gesehen habe, folgte darauf ein Satz zur Klimadebatte.

Klimaschutz ist unbedingt notwendig, aber ja nur ein Teilaspekt des Themas. Tatsache ist, dass die Industrienationen über ihre Verhältnisse leben. Nicht nur über ihre, sondern über die globalen Verhältnisse. Zum Schaden aller. Ganz im Sinne eines „America first“ gingen die USA dabei bereits lange lange vor Trump mit äußerst schlechtem Beispiel voran.

Wir wissen alle längst, dass es so nicht weiter geht. Nicht weiter gehen kann – und wir fördern gnadenlos den Konsum. Wirtschaftswachstum einschränken zugunsten der globalen Ressourcen? Urrrgh!! Geht gar nicht …

Wer zumindest ein schlechtes Gewissen hat, und dieses beruhigen will, versucht sich in der Illusion des ressourcenschonenden Wachstums. Letztendlich ist das ein Widerspruch in sich.

Aber immerhin: Es gibt inzwischen mehr ökologisch hergestellte Kleidung und diese gilt auch nicht mehr als langweilig. Es gibt viele kleinere Projekte zum Energiesparen und auch sonst viele gute Ideen von Privatleuten bzw. kleinen Unternehmen, wie man in Zukunft ressourcenschonender leben kann. Es gibt begrünte Städte, energieautarke Dörfer und ähnliche Leuchtturmprojekte.

Leider werden die Erkenntnisse daraus nicht flächendeckend umgesetzt. Der kommende Strukturwandel in der Lausitz gebe eine gute Möglichkeit, hier eine echte Modellregion entstehen zu lassen, alles umzusetzen, was man auf dem Gebiet der Ökologie bisher weiß. Leider scheint das zu weit von der Wirklichkeit entfernt zu sein, um in die politische Debatte auch nur einbezogen zu werden. Dabei gebe es den Menschen dort einen neuen Grund, stolz auf sich und die Region zu sein (den Menschen dort nur zu sagen, dass der Bergbau, für den sie teilweise seit Generationen geschuftet haben, nicht mehr gebraucht werde, ist demgegenüber wenig wertschätzend… und es erscheint mir persönlich auch wenig überraschend, dass sich das in den Wahlergebnissen niederschlägt.).

Das Hauptproblem in den Industrienationen ist aber, dass wir uns insgesamt viel zu viel Kleidung, Elektronik, Auto`s usw. „gönnen“. Unser totaler Überkonsum wird nicht wirklich in Frage gestellt. Schließlich gilt insbesondere die Autoindustrie als Rückgrat unseres Wohlstands.

Gerade gab es viele Berichte über die Internationale Funkausstellung in Berlin. Mit sooo vielen „tollen“ neuen Produkten. Hersteller berichten stolz, dass die Menschen bereit wären, ihre alten noch funktionstüchtigen Haushaltsmaschinen wegzugeben zugunsten etwas energiesparender neuerer Produkte. So bekommt der Konsum ein „grünes Label“. Tatsache ist aber, dass das Wegwerfen noch funktionsfähiger Produkte Müll erzeugt, Plastikmüll, Elektronikschrott, „Sondermüll“. Die Produktion neuer Produkte verbraucht Ressourcen, die es auf diesem Planeten eben nicht unbegrenzt gibt. Der Verkauf dieser Produkte dient eben nicht der Umwelt oder gar dem Klima, sondern der Wirtschaft.

Auch was die Land- und Forstwirtschaft angeht, sind die Weichen weltweit nicht auf Ökologie, sondern nach wie vor voll auf Ökonomie gestellt. Wider besseres Wissen! Und Europa kann gegenüber einem brasilianischen Präsidenten, der der Meinung ist, der Regenwald gehöre ihm bzw. „seinem Land“, nicht wirklich glaubwürdig auftreten, so lange auch hier ganz klar gilt „economy first“.

Klimaschutz wird nur dort wirklich gefördert, wo es nicht zulasten des Wirtschaftswachstums geht. Das gilt für die Umstellung auf erneuerbare Energie ebenso wie für die Vermarktung von Elektromobilität. Elektromobilität hat mit Ressourcenschonung nur bedingt etwas zu tun, der ständige Bau neuer Fahrzeuge gar nichts.

Echter Umwelt– und Klimaschutz wird Wohlstandsverluste bedingen. Ich warte immer noch auf den Tag, wo man endlich beginnt darüber zu diskutieren. Denn: Wäre das wirklich sooo furchtbar? Ja, ich weiß: Für Menschen ist es ganz schlimm, etwas zu verlieren, was sie einmal hatten. Da nehmen sie lieber in Kauf, die ganze Erde zu verlieren, dass bemerkt man schließlich nicht so schnell…

Aber Tatsache ist doch, dass die Menschen in den Industrienationen nicht wirklich glücklicher sind, als in ärmeren Staaten. Als würden sie den Zustand der Erde spiegeln (aus meiner Sicht tun sie dies auch), sind viele völlig überlastet. Fühlen sich ausgebrannt und müde vom ständigen Stress. Suchen verzweifelt nach Glück, Zufriedenheit und Ruhe. All das fände man in der intakten Natur. Und ganz sicher nicht im Konsum!!!

Das Problem ist, wir haben bisher kein Modell für eine andere Wirtschafts- und Lebensweise, als die, die wir gewohnt sind. Aber wäre es nicht endlich an der Zeit, mit Entwürfen zu beginnen?? Bevor die Erde an der einen Seite überschwemmt und an der anderen ausgedörrt und abgebrannt ist???