Kein Macho … zum Glück

Um ein klein wenig mehr Wörter zur Verfügung zu haben, habe ich mir den „Kunstgriff“ erlaubt, den Text aufzuteilen in eines der von Puzzle betreuten Drabbles, und eine der von Christiane betreuten abc-Etüden. Vielen Dank euch beiden.

„Hi!“, seine Stimme am Telefon katapultierte Bea viele Jahre zurück. Als blies ein Wind aus der Vergangenheit alte Erinnerungen plötzlich wieder auf.

Er war der beste Liebhaber gewesen, den sie je gehabt hatte. Er schien ihren Körper wertzuschätzen, wie es niemand sonst getan hatte.
Und er war der verletzliche kleine Junge, zu dem ihr eigenes inneres verletzliches kleines Mädchen sich unwiderstehlich hingezogen gefühlt hatte.

Unheilverkündend? Damals hätte sie ein Sicherheitssystem gebraucht. Wut, Traurigkeit; eine kleine Unachtsamkeit, nachdem sie bemerkte hatte, dass er sie als Spielzeug missbrauchte.

Ihre sms hatte er beantwortet: „Hab leider keine Zeit, dich im Krankenhaus zu besuchen.“    

„Hab gehört, du bist wieder Single, Bea. Es war doch schön damals mit uns beiden!“. Und dann zog er doch tatsächlich genau dieselbe Masche ab wie damals, als sie sich kennengelernt hatten.
„Weißt du“, antwortete Bea, „ich habe dich mal geliebt. Und ich war sehr enttäuscht, als du mich nicht einmal im Krankenhaus besucht hast.“ Er beteuerte, dass, – wenn er damals gewusst hätte, dass sie im Krankenhaus war -, er sie selbstverständlich dort besucht hätte.
Bea legte auf. Und fragte sich, ob Männer tatsächlich die Fähigkeit hatten, „elegant“ zu verdrängen, wie mies sie sich verhalten hatten.

Er gab nicht so schnell auf. Seine derzeitige Freundin wolle in eine eigene Wohnung ziehen, schrieb er. Und schien darüber sehr empört.
„Und du willst sie jetzt dafür bestrafen, indem du mit einer anderen Frau schläfst.“, dachte Bea seufzend.

Sie hätte ihm gerne geholfen. Dem kleinen verletzten Jungen.

Sie erklärte ihm, dass man Frauen weder wie Spielzeuge noch wie Putzlappen behandeln dürfe. Dass Frauen Gefühle haben und er nicht glücklich werde, wenn er weiterhin auf diesen Gefühlen achtlos herumtrampele, weil er ausschließlich sein Leid sehe.

Aber er hörte nicht zu.

Er war der kleine Junge, den seine Mutter verlassen hatte. Für immer.
Und er war der Pubertierende, der seinen Kumpels unbedingt zeigen wollte, wie „stark“ er sei.
Nur der Erwachsene, der fähig ist zur Selbstreflexion. Der war er nicht.

Bea hätte ihm gewünscht, dass er glücklich wird mit seiner Freundin.

Sie wünschte sich stets, dass alle Menschen glücklich sind.

Warum nur gab es so viele Männer, die – nur weil sie von einer Frau in ihrem Leben sehr verletzt worden sind – meinten, alle möglichen anderen Frauen dafür bestrafen zu dürfen?

Statt, dass diese Männer versuchen, ihre Wunde zu heilen; vergrößern sie den Schaden für alle, indem sie fies die verletzen, die zufällig Erinnerungen aufreißen.    

Warum?🤔

Veröffentlicht von lachmitmaren

Stimme der Göttin. Schon lange fast nur noch ernst. Manchmal sehr wütend, manchmal sehr verzweifelt. Oft traurig. Und nur noch sehr selten verspielt und albern. Gute Zuhörerin. Einfühlsame Leserin. Vielseitig interessiert. Meine Texte sind immer tiefgründig. Sie sind kritisch gegenüber "Vorgaben" "von Oben" und sie hinterfragen ursachenorientiert. Meine Berufung ist Heilung. Ich bin Volljuristin, staatlich geprüfte Heilpraktikerin, zertifizierte Lachyoga-Leiterin - Und Rheumatikerin seit über 30 Jahren.

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7 Kommentare

  1. Jedes Mal gibt es ein solches, bis dahin noch nocht gekanntes Erlebnis einer Einzelnen mit einem, der sich ebenfalls für den ersten hält, dem diese Vorgehensweisen eingefallen sind. Aus der Distanz wirkt es so schablonenhaft, aber besonders für die emotional oft tiefer verstrickte Frau eine bittere Erkenntnis. Man kann immer nur hoffen, dass diejenige nie öfter als einmal solche Geschichten erlebt.

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    1. Oh, eigentlich ging es mir mit der Gesamtgeschichte (Drabble plus Erüde) darum, dass ich es wichtig finde, sich Hintergründe anzuschauen. Und nicht vorschnell zu urteilen / zu verurteilen: Denn ich finde es im Grundsatz durchaus verständlich, dass ein Mann, dessen Mutter diese Welt (freiwillig?) verlassen hat, als er Kind war, große Schwierigkeiten damit hat, noch einmal einem anderen Menschen vorbehaltlos zu vertrauen, eine Frau so sehr zu lieben, dass sein Herz noch einmal zerbrechen könnte.
      Und dass der Auszug einer Frau aus einer gemeinsamen Wohnung – auch dann, wenn er diese Frau gar nicht wirklich richtig geliebt hat -, traumatische Erinnerungen weckt, die er dann zu betäuben versucht, und für die er die betreffende Frau unbewusst vermutlich bestrafen will, erscheint auch nicht völlig unverständlich.

      Aber, so verständlich solche Reaktionen aus meiner Sicht oftmals sind (es gibt viele andere Beispiele für andere oder ähnliche Traumata, die oftmals hinter solchen manchmal sehr vorschnell verurteilten Verhaltensweisen stehen):

      Indem Menschen dann Schutzpanzer anziehen; und andere Menschen, die irgendwie Erinnerungen auslösen gleich im Vorhinein mit „Abwehrraketen“ beschießen, um nur ja gerüstet zu sein; machen sie ihr eigenes ansonsten eben vielleicht doch mögliches echtes Glück ebenso kaputt, wie sie – manchmal vielen – anderen deren Glück kaputt machen.
      Denn nicht selten löst so etwas leider „Kettenreaktionen“ aus: Die Frau, die so behandelt wurde, zieht sich selber bei dem nächsten Mann dann auch Schutzpanzer an und feuert „Abwehrraketen“ ab.
      Sozusagen ein „Schneeballsystem“ zum Schlechten …. .

      Herzliche Grüße und Dank für deinen Kommentar ( der mir ermöglicht hat, den Text nochmal etwas zu erläutern 😊)
      Maren

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      1. Da stimme ich allerdings zu. Ich beschäftige mich selbst gerade mal wieder mit solchen traurigen Systemen, die wowohl Frauen- als auch Männerseelen kaputtgemacht haben, und die wohl dadurch auch einander wieder in weiteren Generationen solche Muster weitergeben. Es ist nur ein Roman mit dem Titel „Die Verwandelten“ von Ulrike Graesner, der wieder einmal Fenster aufreisst und Licht einlässt, aber sehr empfehlenswert im Hinblick auf Verursachen und Erleiden von nicht willentlich selbst herbeigeführten Dramen.

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  2. Ich möchte mich gern euren Kommentaren anschließen, denn mein erster Gedanke beim Lesen war leider: Das geschieht aber auch andersherum. Auch Frauen machen bei Männern viel kaputt, indem sie auf alte Erinnerungen reagieren etc. etc., aber du, Maren, hast es ja schon erklärt, Stichwort Kettenreaktionen. Ach, alles nicht so leicht und in der Realität oft so bitter …

    Nachmittagskaffeegrüße! 😀

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    1. Stichwort „Kettenreaktion“; genau, das ist das passendere Wort, als „Schneeballsystem“ und trifft noch exakter das, was ich meinte.
      Danke dir!
      Nachmittagskaffeegrüße (gleich der dritte …) zurück ☕☕☕

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    1. Wir brauchen einen Partner, der es schafft, zu vertrauen! Zumindest übt zu vertrauen, auch dann, wenn er / sie schon sehr verletzt wurde.
      Der also den Mut hat, sich verletzlich zu zeigen. Der den Mut hat, mit der Partnerin ehrlich und offen über seine Verletzungen zu reden. Der (mit ihrer Hilfe) alles versucht, um seine alten Wunden und Verletzungen zu heilen, – statt sie an ihr (oder anderen Frauen) auszulassen.

      Der Verständnis dafür hat, dass (auch) seine Partnerin in ihrem Leben vermutlich schon öfters verletzt wurde. Der ebenso versucht, ihr bei der Heilung ihrer alten Verletzungen zu helfen. (Und ihr nicht etwa neue zuzufügen!)
      Also Partnerschaften, in denen nicht beleidigt reagiert (und dann womöglich heftig zurückgeschlagen) wird, wenn der / die andere aus einer alten Verletzung heraus agiert, sondern versucht wird, zu helfen. Und Partner, die diese Hilfe zulassen.
      Partner, die fähig sind zum echten Mitgefühl!

      Was zumindest ICH absolut gar nicht brauche, sind Partner, die nur in ihrem eigenen Leid und verletzt sein baden, – und sich weigern, das Leid der anderen Person überhaupt zu sehen. Ebensowenig brauche ICH Partner, die meinen, sie wären „stark“, wenn sie sich möglichst wenig verletzlich zeigen, Schutzpanzer anziehen und Abwehrraketen abschießen. Denn solches Verhalten finde ICH extrem schwach und feige … .

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