Die schwierige Patientin

Ich bin vor Jahren mal über Unterlagen für eine „Punkte-Fortbildung“ für Ärzt*innen gestolpert; Titel „Der schwierige Patient“. Ich las sie und dachte: „Ups, das bin ja ich …“

Ich sagte ja Ärzt*innen: „Ich möchte Ihre Beratung zu medizinischen Möglichkeiten anhand meiner konkreten Bedürfnisse. Aber die Entscheidung, was ich in meinen Körper einnehme, injizieren oder gar operieren lasse, treffe ICH. Denn es ist MEIN Körper.“

Offenbar war dem Medizinsystem sozusagen systemimmanent eigen, eine gewisse Unterwürfigkeit von den Patient*innen zu erwarten.
So dass ich als „schwierig“ galt, weil ich nicht einfach „Ja und Amen“ sagte.


Selbstverständlich bin ich auch eine „schwierige Mandantin“ und manchmal auch eine „schwierige Kundin“.

Nun bin ich weder in Jura noch in Medizin unwissend.

Im handwerklich-/technischen Bereich hingegen habe ich wenig Talent und entsprechend wenig Lust, mich damit zu beschäftigen. Bin total froh, wenn ich jemanden gefunden habe, der sich tatsächlich kümmert. Und traue mich dann auch nicht, viele Fragen zu stellen; aus Angst, die mir so kostbare Fachkraft sonst womöglich zu vergrätzen.


Ich weiß natürlich auch, dass es sehr nervig sein kann, wenn jemand ohne sonderlichem Hintergrundwissen zu meinen scheint, dass doch alles ganz einfach (und man selbst vielleicht nur zu blöd) sei.

Bei politischen Diskussionen passiert sowas häufig. Viele lieben die vermeintlich einfachen -aber im Ergebnis leider selten besonders guten- „Lösungen“.

Ein Beispiel:
Einer der Handwerker erzählte mir, dass bestimmte Kältemittel nicht mehr erlaubt seien, weil klimaschädlich; was zu einer kürzeren Haltbarkeit der Gesamtanlage führe.

Hm. Aus Wirtschaftswachstumssicht eine win-win-Situation. Mehr Neukäufe, mehr Produktion, mehr Verschrottung.
Klimaschützend?
Oder insgesamt klima- und umweltschädlicher? Ressourcen des Planeten zugunsten eines fragwürdigen Wirtschaftswachstums verjubelnd?🤔


Als „schwierige Patientin“ gelte ich nicht, weil ich der Meinung wäre, dass sowieso immer „die anderen“ alles verschuldet haben; oder bestimmte Gruppen böse seien.

Sondern: Weil ich kritische Fragen stelle.

Was sagt das über unsere Gesellschaft?!   

****************

Ein Beitrag zu den von Christiane betreuten abc-Etüden.

Ich weiß nicht, ob die Aussage bezüglich der Kältemittel und der wegen einer geringeren Wirksamkeit deutlich kürzeren Lebensdauer der damit geschützten Anlagen so stimmt. Mir ging es mit diesem Beispiel nur darum, deutlich zu machen, dass vordergründig einfache „Lösungen“ für Klima- und Umweltschutz, längst nicht immer wirklich klima- und umweltschützend sind.

Kommentare bitte ausschließlich in wertschätzender Form.

Veröffentlicht von lachmitmaren

Stimme der Göttin. Schon lange fast nur noch ernst. Manchmal sehr wütend, manchmal sehr verzweifelt. Oft traurig. Und nur noch sehr selten verspielt und albern. Gute Zuhörerin. Einfühlsame Leserin. Vielseitig interessiert. Meine Texte sind immer tiefgründig. Sie sind kritisch gegenüber "Vorgaben" "von Oben" und sie hinterfragen ursachenorientiert. Meine Berufung ist Heilung. Ich bin Volljuristin, staatlich geprüfte Heilpraktikerin, zertifizierte Lachyoga-Leiterin - Und Rheumatikerin seit über 30 Jahren.

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15 Kommentare

  1. Da scheinen wir uns ähnlich zu sein. 😉 Ja, Fragen, vor allem konkretisierende Nachfragen sind schon seit langer Zeit nicht mehr erwünscht. Ich höre immer „Das haben wir schon immer so gemacht!“, ärgere mich und frage trotzdem bohrend nach. 🙂 Übrigens noch ein erfolgreiches, gutes Jahr 2024! Vielleicht sagt uns bald die KI was gut für uns ist, und wir glauben es? LG Michael

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    1. Lieber Michael, auch dir ein wunderbares Jahr 2024! Ich freue mich über jeden Menschen, der sich traut, kritisch nachzufragen, und von einer KI möchte ICH mir ganz sicher niemals etwas vorschreiben lassen! Gerade, wenn wir dann nicht glauben…, ist das mit automatisierten Sanktionen (z.B. für angebliche „Desinformation“) durch eine KI ein besonders dystopisches Szenario.
      Herzliche Grüße
      Maren

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  2. Die verbreitete monokausale Denkweise ist sicher ein Grundübel. Das Beispiel des Kältemittels ist insofern gut gewählt (unabhängig davon, ob es sich genau so verhält). Monokausales Denken führt zu Fehlschlüssen: X (zB Kältemittel) ist eine Ursache von Y (zB Klimawandel), also weg mit X. Dass dadurch neue Ursachen für Y entstehen, wird zu wenig beachtet.

    Das gilt für alle Bereiche: Medizin, Justiz, Migrationspolitik, Naturschutz, Agrarpolitik etc pp. Die einfache Lösung übersieht, wie komplexe Systeme reagieren, in denen „alles mit allem verbunden ist“. In der Regel kann man froh sein, wenn ein menschlicher Eingriff das gesamte System nicht allzusehr derangiert und die Nebenwirkungen einigermaßen unter Kontrolle bleiben. Oft aber wird der Teufel mit Beelzebub ausgetrieben. (Man kommt vom Regen in die Traufe.)
    Wenn es um mein unmittelbares Interesse geht (zB meine Gesundheit), will ich natürlich möglichst die Kontrolle über die „Nebenwirkungen“ haben, um nicht zu einem „Lateralschaden“ monokausaler Anwendungen zu werden.

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  3. Wer kritische Fragen stellt, stört den (sowieso nicht) reibungslosen Ablauf, eckt damit ziemlich sicher an und gilt als „schwierig“. In einer Zeit, in der Arztpraxen und vor allem Krankenhäuser Wirtschaftsunternehmen zu sein haben, um so mehr. Dass überall rationalisiert wird und damit die zur Verfügung stehende Zeit immer knapper bemessen wird, ist eine Katastrophe – es sei denn, der*die Patient*in hat ein gut gefülltes Portemonnaie, das ist on top eine Frechheit, aber beides ist Alltag.

    Meiner Meinung nach hilft nur, das Gespräch zu suchen, denn als Patient*in kann man die Umstände in der Regel nicht ändern, in denen man steckt. Natürlich helfen Informationen, wenn sie denn korrekt sind (gehen wir mal davon aus, dass es sie gibt), aber am meisten kommt es meiner Erfahrung nach ein konstruktives, wertschätzendes Miteinander an, das nicht davon ausgeht, dass der MENSCH mir gegenüber blöd oder bösartig oder mein Laufbursche ist, und die Umstände (also z. B. die konkrete Situation) einbezieht, was zum Beispiel bedeuten kann, nicht auf sein RECHT zu pochen, sondern einfach eine Bitte auszusprechen. Freundlichkeit. Lächeln. Einfühlen.
    „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus“, sagte meine Mutter dazu, und ich komme immer mehr zu der Ansicht, dass sie recht hatte.

    Ich danke dir für deine Etüde und den Denkanstoß.

    Herzliche Nachmittagskaffeegrüße ☁️🌧️🖥️☕🍪

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    1. Liebe Christiane, danke dir. Genau wie du, finde ich es auch sehr wichtig, stets davon auszugehen, dass der MENSCH mir gegenüber nicht bösartig oder blöd ist. Ich habe deshalb im persönlichen Erleben auch mit den meisten Ärzt*innen eher positive Erfahrungen gemacht, mit einigen sogar ausgesprochen gute. Die fanden es super, eine informierte Patientin zu haben, die selber Verantwortung übernimmt für sich und ihre Gesundheit, und diese Verantwortung nicht einfach nur auf den Arzt abzuschieben versucht.
      Herzliche heute mal Teegrüße
      Maren

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  4. Viel wird vom „mündigem Bürger“ geredet und erwartet. Bloß ist das natürlich keine Einbahnstraße, sie muss von allen Beteiligten aus dem Umfeld mitgetragen werden, d.h. auch von der Politik, den Unternehmern, Ämtern, Sozialen Einrichtungen. Sonst wird es nichts.

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    1. ja, nur habe zumindest ich das Gefühl, dass die meisten Bürger*innen bisher von einer Einbahnstraße ausgehen: Allerdings von Politik, Unternehmen, Ämtern, Sozialen Einrichtungen zu ihnen.
      Dass also die allermeisten Bürger*innen ständig sagen: „Die Politik muss jetzt endlich dieses und jenes „regeln““.
      Und auch an Unternehmen, Ämter und soziale Einrichtungen viele zwar gerne Forderungen herantragen.
      Aber nur wenige bereit sind, SELBER Verantwortung zu übernehmen. Statt über Politik zu meckern, wäre es ja für den einen oder anderen vielleicht möglich, selber politische Verantwortung zu übernehmen. Um dann vielleicht auch besser zu erkennen, dass die wenigsten Dinge so einfach sind, wie es sich von Außen vielleicht zunächst dargestellt hat, (weil man / frau halt nur die eigene Sichtweise kannte, die meist auf eigenen Erfahrungen – oder zur eigenen Voreinstellung passenden angelesenen – Erfahrungen und Meinungen anderer beruht). Da man dann möglicherweise damit konfrontiert wird, dass andere ganz andere – letztlich ebenso legitime – Interessen haben, als man es sich vorher überhaupt vorstellen konnte. Und damit, dass heutzutage sehr sehr viele Dinge ohnehin europarechtlich vorgegeben sind (ob man / frau das für gut und sinnvoll hält, ist eine zweite Frage).

      Wenn alle immer nur Verantwortung von sich wegschieben, und meinen „die da Oben“ sollen gefälligst machen und „liefern“, DANN wird es nichts!

      Herzliche Grüße
      Maren

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