abc-Etüde 07.08.21- eine sanfte Masche

Herrlich! Endlich mal in Ruhe arbeiten. Seit zwei Stunden hatten ihre Zwillinge jetzt schon Besuch von ihren beiden Kitafreundinnen. Und alle zusammen waren oben gemeinsam brav am Spielen. Sie hörte nichts von ihnen. 

Nichts! 

Nichts?! … – Das war doch eigentlich total ungewöhnlich. War das wohlmöglich eine trügerische Ruhe? Vielleicht sollte sie doch besser mal nachsehen. 

Sie öffnete die Tür zum Kinderzimmer. Vier Kinder saßen vergnügt auf dem Boden. Zwischen ihnen lag ihr Strickzeug mit den fünf verschieden farbigen Wollknäueln, aus denen sie sich eine Strickjacke hatte machen wollen. Genauer gesagt lag da das, was mal ihr Strickzeug gewesen war. Das Gestrickte war weitgehend aufgeribbelt und die Fäden verwurschtelt. Jedes Kind hatte ein Knäuel in der Hand, mit der es am Strickzeug zog. 

JETZT NICHT EXPLODIEREN!…. Warum hatte sie ihr Strickzeug auch so herumliegen lassen, dass die Kinder es entdeckt hatten?! Bunt und weich wirkt nun einmal anziehend auf Kinder. …

Einatmen und Aaaauuuusatmen. Einatmen und Aaaauuuusatmen. Einatmen und … – Sie nahm das fünfte Knäuel auf. 

Eine halbe Stunde später kugelten sich vier Kinder und eine Erwachsene lachend in den Fäden herum, in die sie sich gegenseitig einwickelten. Sie hatte schon lange nicht mehr so ausgelassen einfach nur Spaß gehabt. Und eigentlich war das mit dem Stricken einer Jacke ohnehin viel zu viel Arbeit. 

Als der Besuch später abgeholt wurde, brachte sie die Mädchen zur Tür. Eines drehte sich nochmal um, strahlte sie an, drückte ihr einen Kuss auf den Bauch und sagte dann zu ihrer Mutter „das ist die tollste Frau der Welt und ich will bald wieder hierher“.  

Was für ein Kompliment! Den etwas eifersüchtigen Blick der anderen Mutter genoss sie geradezu. Und den verwirrten Blick, als sie ihr erklärte: „Wir haben meine angefangene Strickjacke aufgeribbelt.“, noch viel mehr.  – Es war es ein richtig schöner Tag gewesen. 

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Wie immer mit Dank an Christiane für ihre Mühe mit den Etüden, deren Regeln hier ( Schreibeinladung für die Textwochen 08.09.21 | Wortspende von wortgeflumselkritzelkram | Irgendwas ist immer (wordpress.com)) zu finden sind, und an Sabine von Wortgeflumselkritzelkram für die diesmalige Wortspende!

Veröffentlicht von lachmitmaren

Stimme der Göttin. Schon lange fast nur noch ernst. Manchmal sehr wütend, manchmal sehr verzweifelt. Oft traurig. Und nur noch sehr selten verspielt und albern. Gute Zuhörerin. Einfühlsame Leserin. Vielseitig interessiert. Meine Texte sind immer tiefgründig. Sie sind kritisch gegenüber "Vorgaben" "von Oben" und sie hinterfragen ursachenorientiert. Meine Berufung ist Heilung. Ich bin Volljuristin, staatlich geprüfte Heilpraktikerin, zertifizierte Lachyoga-Leiterin - Und Rheumatikerin seit über 30 Jahren.

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27 Kommentare

  1. Liebe Maren,
    eine wunderbare Geschichte, die zum Schmunzeln mehr als aufgefordert hat 😉 Gut, dass das Einatmen und Aaaauuuusatmen geholfen hat *lächel* und es nach dem ersten Schreck für alle Beteiligten ein zufriedener Tag werden konnte.
    Einen entspannten Sonntag wünsche ich dir mit vielen Wohlfühlmomenten!
    Liebe Grüße
    Heike

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    1. Ärgern hätte ja nichts mehr geändert… 😉
      Ob ICH das allerdings hinbekommen hätte, einfach mal zu vergessen, wie viel Arbeit ich in die Strickerei schon gesteckt hatte ?… Da habe ich so meine Zweifel… . Dabei hätte mir das Rumalbern bestimmt wirklich Spaß gemacht. 😇🙏
      Liebe Grüße!

      Gefällt 3 Personen

      1. Ja, ich weiß auch nicht, ob ich das hinbekommen hätte, aber ich würde es mir wünschen. Wobei – wenn ich zurück denke gab es auch bei unseren Kindern Situationen, in denen ich über meinen Schatten springen konnte und ich nicht gemeckert habe und wir unendlich viel Spaß hatten 🙂
        Liebe Grüße

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  2. Ich glaube, das ist eine Situation, die alle nachvollziehen können: Wo ist … warum ist der/die/das so still hier, es wird doch nichts passiert sein?!?! 😉
    Wie schön (außer für die Strickjacke vielleicht), wenn es sich dann so auflöst! 😀
    Herzliche Nachmittagskaffeegrüße! 😀

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  3. Ja, wohltuend Maren, mal natürliches Lachen von Kindern – Freude und Ausgelassenheit…. in diesen Tagen so wichtig, das auch nicht aus den Augen zu verlieren…. aber geschluckt hätte ich schon, na ja, käm drauf an wie weit das bunte Strickzeug schon gediehen wäre. 😂💗

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  4. …das Wundervolle an dieser Geschichte ist im Grunde, die Fähigkeit der Mama, sich wie ihre Kinder auf das Vergnügen des Moments einzulassen und völlig zu vergessen, dass sie erwachsen ist…eine wirklich schöne Geschichte!

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    1. Danke dir! 😃. Aaaaauuuusatmen soll immer helfen, heißt es…. 😊😇. Und wenn du es sogar schaffst, dich von eigenem Strickwerk zu verabschieden…, dann steht der „besten Frau der Welt “ doch kaum was entgegen!😘

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  5. Eine schöne Geschichte, tatsächlich. Und ich kann mich in der Geschichte durchaus wiedererkennen. Denn ich ließ die Kinder (meinen Sohn und seine Kinderladenfreunde) sehr oft allein spielen, froh, mich endlich um meine Doktorarbeit kümmern zu können. Einmal war auch solch eine verdächtige Ruhe im Kinderzimmer, und als ich reinwollte, um nachzuschauen, konnte ich die Tür nicht aufkriegen. Ich drückte, und es öffnete sich ein Spalt. Die Kinder hatten das Zimmer, sämtliche Türgriffe inbegriffen, kunstvoll verschnürt und lachten wie die Kobolde über mein verdutztes Gesicht, das sich allerdings gleich aufhellte. Denn ich war voller Bewunderung über diesen künstlerischen Einfall der 5Jährigen. Und auch heute erinnerte ich mich wieder mit Lachen im Bauch an diese Episode. Zu schön!

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